Umweltschutz am Rummelsburger See
PDF (36,6 kB) Kleine Anfrage: „Umweltschutz am Rummelsburger See“, Drucksache 16/14402
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Monteiro (SPD)
vom 10. Mai 2010 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Mai 2010) und Antwort
Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt:
1. Wie werden die ökologischen Bedingungen des Rummelsburger Sees und der anliegenden Siedlungsräume eingeschätzt?
Zu 1.: Der Rummelsburger See wird von der Spree, einem sandgeprägten Fluss des norddeutschen Tieflandes mit großem Einzugsgebiet, gespeist und ist in seinem Naturzustand nährstoffreich. Insbesondere über die nährstoffreiche Dahme wird heute Phytoplankton in den Rummelsburger See eingetragen. Ein Teil davon wird von der temporären Spundwand abgelenkt und verbleibt im Stromstrich der Spree. Nach Regenereignissen gehen die Sauerstoffwerte im nördlichen und zentralen Teil des Rummelsburger Sees infolge der Einträge des Ruschegrabens zurück. Auf Grund der nach wie vor existierenden Belastungen der Sedimente mit Schadstoffen weist der Seegrund eine sehr geringe Besiedlungsdichte auf. Der Seewasserkörper kann insgesamt als ökologisch stabil eingeschätzt werden.
Zur ökologischen Bewertung der angrenzenden Siedlungsräume können in dem zur Verfügung stehenden zeitlichen Rahmen keine Angaben gemacht werden.
2. Welche Effekte hatte das Maßnahmenprogramm zur ökologischen Stabilisierung des Sees im Hinblick auf die Verbesserung der ökologischen Bedingungen?
Zu 2.: Mit den Maßnahmen zur Sedimentkonditionierung (Zugabe von Eisenpräparaten und Nitrat) konnte eine weitgehende Stabilisierung der Faulschlämme erreicht werden. Toxischer und geruchsbelästigender Schwefelwasserstoff wurde an Eisen gebunden, der Zehrungsdruck (Sauerstoffverbrauch) durch leicht abbaubare organische Substanz wurde minimiert sowie Nährstoffe am Sediment gebunden. In Kombination mit der Abtrennung des Rummelsburger Sees von hohen Nährstoff- und Planktoneinträgen aus der Spree durch die Spundwand konnte der Stoffhaushalt des Sees entlastet werden. Das Algenwachstum im Rummelsburger See ist seit Abschluss des Maßnahmenpaketes rückläufig; die Sichttiefen nahmen zu. Durch den Betrieb der Umwälzanlage kann Sauerstoffdefiziten im Tiefenwasser begegnet werden.
3. Wie hoch ist die derzeitige Schadstoffbelastung in Boden, Grundwasser und Seesediment? Welche gesundheitsschädlichen Gefahren gehen hiervon aus?
Zu 3.: Im Bereich der Rummelsburger Bucht befinden sich mehrere im Berliner Bodenbelastungskataster erfasste Grundstücke. Durch umfassende Untersuchungen ist der Erkenntnisstand über die Gefahrensituation gut. Die wesentliche Zahl der verunreinigten Grundstücke ist inzwischen saniert oder vom Altlastenverdacht befreit. In der aktuellen Bearbeitung sind lediglich zwei Flächen verblieben:
Grundstück in der Straße Alt Stralau
Seit 1992 sind auf der Halbinsel Stralau auf dem Betriebsgelände einer ehemaligen Glashütte Untergrundverunreinigungen durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Alkylphenole, Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) und monozyklisch aromatische Kohlenwasserstoffe (BTEX) bekannt, die auf die jahrzehntelange industrielle Nutzung, insbesondere auf die Entsorgung von Rückständen aus der Generatorgasproduktion auf dem Betriebsgelände zurück zuführen sind. Von 1999 bis Ende 2009 wurden auf der Fläche in unterschiedlichen Sanierungsbereichen umfangreiche Sanierungen im Boden und im Grundwasser durchgeführt. Trotz dieser Maßnahmen sind in Teilbereichen Restbelastungen von PAK, Alkylphenolen, MKW und BTEX verblieben. Die Belastungen werden durch ein Grundwassermonitoring beobachtet, so dass bei Veränderungen der Gefahrenlage rechtzeitig Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ergriffen werden können.
Grundstück in der Kynaststraße
Im Rahmen von 1993 und 1994 durchgeführten Untersuchungen wurden lokale Verunreinigungen des Bodens mit PAK, Alkylphenolen und Schwermetallen vorwiegend in einem ca. 20 m breiten Streifen landseitig entlang der Grundstücksgrenze festgestellt. Hierbei handelt es sich um eine Altablagerung von Produktionsabfällen aus der Gasherstellung, des Weiteren wurde in diesem Teilbereich Abwasser, ebenfalls aus der Gasherstellung, verrieselt. Auf Grund einer in 8 m unter Geländeoberkante anstehenden 5 bis 6 m mächtigen Torfschicht erfolgt nach vorliegendem Erkenntnisstand keine Verlagerung des Schadens in die Tiefe. Die Sanierung des festgestellten Schadens ist zurzeit in Planung. Mit der Umsetzung wird in den Jahren 2010/2011 gerechnet.
Eine Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung geht von beiden Grundstücken nicht aus.
Zur Belastungssituation im Rummelsburger See: Durch die Teilentschlammung wurden hochkontaminierte Schlämme aus dem See entfernt. Eine vollständige Entschlammung konnte aus ökonomischen Gründen nicht erfolgen. Tatsache ist, dass auch heute Teile des Seesediments erhöhte Schadstoffbelastungen aufweisen. Gesundheitliche Gefahren gehen von dem Sediment nicht aus.
Aktuell werden lokale Maßnahmen zur Sanierung dieser hochbelasteten Sedimentbereiche in Ufernähe im Norden des Sees, die im Zuge der Entschlammung nicht erfasst werden konnten, für eine zeitnahe Umsetzung vorbereitet. Die finanzielle Absicherung dieser Planungen steht noch aus.
Es ist auch geplant, den ökologischen Status des Sees durch vertiefte Untersuchungen in den nächsten Jahren näher zu beschreiben und ggf. erforderliche ergänzende Maßnahmen insbesondere im Sedimentbereich vorzubereiten.
4. Wie hoch sind die derzeitigen Sickerungseinträge durch Altöl in den See und welche gesundheitsschädlichen Gefahren gehen hiervon aus?
Zu 4.: Einträge von Altöl in den Rummelsburger See sind nicht bekannt. Lokale Einträge von MKW in den Seewasserkörper aus ufernahen Seesedimenten in Folge von Aufwirbelungen sind nicht auszuschließen.
5. Wie wird die Aufgabenstellung der Reduzierung der Nährstoffeinträge in den See umgesetzt?
6. Welche Möglichkeiten werden gesehen, die Einträge in den See aus dem Ruschegraben zu unterbinden bzw. deutlich zu minimieren?
Zu 5. und 6.: Durch die Errichtung der Spundwand wurden die Nährstoffeinträge in den Rummelsburger See über Spree, Dahme und Marzahn-Hohenschönhauser Grenzgraben (MHG) um 80 % reduziert. Die Voraussetzungen für die Entfernung der Spundwand können nur langfristig geschaffen werden.
Die Länder Berlin und Brandenburg erarbeiten derzeit ein länderübergreifendes Konzept zur weitergehenden Nährstoffeintragsreduzierung in das gesamte Gewässersystem von Spree und Havel.
Maßnahmen zur Reduzierung lokaler Einträge über die Regenzuläufe in den Ruschegraben und den MHG gestalten sich schwierig. Hier können nur durch aufwendige dezentrale Maßnahmen Ergebnisse erzielt werden. Eine Regenwasserreinigungsanlage am Auslauf des MHG in den Rummelsburger See ist Gegenstand von Machbarkeitsuntersuchungen.
7. Welche zusätzlichen Maßnahmen wären notwendig, um eine Wasserqualität zu erreichen, die den Anforderungen einer Nutzung als Badesee genügen?
Zu 7.: Zu grundsätzlichen Maßnahmen wird auf die Antwort zu 5. und 6. verwiesen. Für die Nutzung des Rummelsburger Sees als Badegewässer müssten die Werte der mikrobiologischen und hygienischen Eintragsparameter aus Ruschegraben und MHG zuverlässig signifikant minimiert werden. Nach derzeitiger Sachlage ist dies nicht sicherzustellen.
8. Wann kann mit der Entfernung der auf dem See befindlichen Spundwand gerechnet werden?
Zu 8.: Es wird auf die Beantwortung der Fragen 5 und 6 verwiesen. Eine Prognose, ab wann die Entfernung der Spundwand zu verantworten wäre, kann nicht abgegeben werden.
9. Wie wird gewährleistet, dass bei der geplanten wohnbaulichen Erschließung des Areals Rummelsburg III die bestehenden Naturflächen erhalten bleiben?
Zu 9.: Ein Areal mit der Gebietsbezeichnung Rummelsburg III ist dem Senat nicht bekannt. Sollte die als Quartier -An der Mole- bezeichnete Fläche südöstlich des Bahnhofs Ostkreuz gemeint sein, so werden diese Belange über den im Verfahren befindlichen Bebauungsplan XVII-4 erfüllt. Die Zuständigkeit für das Bebauungsplanverfahren liegt beim Bezirksamt Lichtenberg.
10. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die regelmäßige Verunreinigung und insbesondere das Abladen von Sperr- und Sondermüll auf dem derzeit begrünten und nicht eingezäunten Privatgrundstück in der Nachbarschaft zur S-Bahnstation Rummelsburg, Ecke Hauptstraße zukünftig zu unterbinden?
11. Wäre es diesbezüglich zielführend, in der unmittelbaren Nähe der S-Bahnstation u.a. zusätzliche Müllbehälter aufzustellen?
Zu 10. und 11.: Auch diese Fragen betreffen Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Die Zuständigkeit für nicht ordnungsgemäße Entsorgung von Sperrmüll und gefährlichen Abfällen auf privaten Grundstücken liegt beim Bezirksamt Lichtenberg, für die Reinigung des öffentlichen Straßenlandes bei den Berliner Stadtreinigungsbetrieben.
12. Zeichnet sich derzeit eine Bebauung des betreffenden Grundstücks mit einem Verbrauchermarkt ab bzw. wäre dies aufgrund der eingeschränkten Gewerbe-Infrastruktur sinnvoll? Wenn ja, wie wird ein Erhalt der Grünanlagen gewährleistet?
Zu 12.: Dazu liegen dem Senat keine Informationen vor. Diese Flächen wurden mit der Rechtverordnung vom 21.12.2004 aus dem städtebaulichen Entwicklungsbereich entlassen. Die Planungshoheit liegt seit dem 5. Januar 2005 beim Bezirksamt Lichtenberg.
Berlin, den 28. Mai 2010
In Vertretung
Dr. Benjamin-Immanuel Hoff
Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz
(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juni 2010)