Rede zur Strompreiserhöhung von Vattenfall zum 01.07.2007

Rede im AGH am 10.05.07

Sehr geehrter Herr Präsident,

meine Damen und Herren!

Vattenfall hat angekündigt, zum 01.07.07, die Strompreise um 6,5 % zu erhöhen.

Wenn man das, Herr Schäfer in Elefanten ausdrücken wollte, entspräche dies bei einem durchschnittlichen Gewicht eines Elefanten von ca. 3,5 Tonnen einem zusätzlichen Gewicht von immerhin 227 kg. Dies wiederum macht das 25fache des Gewichtes unseres Lieblingseisbären Knut aus.

Es geht also, und damit komme ich wieder zur Sache zurück, um eine bedeutsame Größenordnung, um eine enorme Preissteigerung für die Berliner Verbraucherinnen und Verbraucher.

Quasi zeitgleich mit der Preiserhöhung verkündete der Vattenfall-Vorstandsvorsitzende Klaus Rauscher die enorme Gewinnsteigerungsrate für 2006 in Höhe von 29% .

Man habe als Stromerzeuger von den gestiegenen Preisen an der Leipziger Strombörse profitiert.

Kommt Ihnen diese Argumentation bekannt vor? Nur unter umgedrehten Vorzeichen.

Vattenfall erhöht die Strompreise, weil eben jene Preise an der Strombörse steigen würden!

WER HÄLT DA WEN FÜR WIE AHNUNGSLOS??

Die aktuelle Studie des Verbandes der industriellen Energie- und Kraftwerkswirtschaft (VIK) zeigt, dass die Stromkonzerne offenbar ihre Kraftwerke niedriger auslasten, um die Preise an der Leipziger Strombörse auf hohem Niveau zu stabilisieren. Man geht davon aus, dass eine Vermarktung der als verfügbar gemeldeten, aber nicht genutzten Kapazitäten den Preis in den Spitzenstunden um rund 30% senken könnte.

Wir hatten wahrscheinlich alle gehofft, dass Vattenfall nach der Berlin umschmeichelnden und kostenintensiven Werbekampagne anlässlich des Wechsels von BEWAG zu Vattenfall eine andere Strategie für die Stadt verfolgen würde.

Wir wurden enttäuscht.

Die FDP-Fraktion glaubt weiter an die Kraft des Marktes.

Wenn diese aber nicht das gewünschte Ergebnis zeitigt, macht sie den Berliner Senat dafür verantwortlich.

Ihre Argumentation Herr Gersch bleibt mir ein Rätsel!

Was kann der Berliner Senat gegen die Preiserhöhung von Vattenfall unternehmen?

Am 30.06.07 endet die Preiskontrolle durch die staatliche Prüfstelle beim Senat. Dieser kann die neuen Preise nicht mehr überprüfen. Und genau in dieser Situation erfolgte die Strompreiserhöhung durch Vattenfall!

Von Mitte des Jahres an ist das Bundeskartellamt für die Überwachung der Strompreise zuständig. Das Bundeskabinett hat außerdem vor einigen Tagen beschlossen, die Missbrauchsaufsicht über Gas- und Stromversorgungsunternehmen zu stärken.

Demnach muss das Unternehmen nachweisen, dass seine Preise gerechtfertigt sind. Und genau DAS erwarten die 1,8 Mio Berliner Vattenfall-Kunden!

Zur Erinnerung: Bisher musste der Verbraucher nachweisen, dass die geforderten Preise überhöht sind.

Von dieser Neuregelung profitieren auch Vattenfall-Kunden.

Ich halte dies für sehr positiv. Das stärkt den Verbraucherschutz!

Aber Vattenfall sollte sich überlegen, welchen Bärendienst es der gesamten Stromwirtschaft und dem vom ihm immer eingeforderten offenen Wettbewerb erweist, wenn es einen Großteil seiner Energie in kostengünstigen Braunkohlekraftwerken selbst

produziert und sich gleichzeitig gegen offene Bücher, gegen eine Offenlegung der Preiskalkulation wehrt.

Von Verbraucherfreundlichkeit weit und breit keine Spur.

Vattenfall bietet zum 01.07.07 bundesweit Strom an, mit der Zielvorstellung 10.000 neue Kunden zu gewinnen!

Ich frage mich: Welcher Kunde wechselt unter diesen Rahmenbedingungen freiwillig zu Vattenfall?

Welche Optionen haben die Berlinerinnen und Berliner?

Ein Wechsel des Stromanbieters ist möglich. Allerdings tun dies bisher nur recht wenige.

Bisher verlor Vattenfall nur ca. 2% seiner Kunden an andere Anbieter.

Das Verharren beim bisherigen Stromanbieter wird auch dadurch bestärkt, dass die Preisentwicklung bei den verschiedenen Anbietern aufgrund der häufigen Preisänderungen schwer zu beurteilen ist. Die Marktsituation, die nur sehr eingeschränkt existiert, ist für den Kunden nur schwer durchschaubar.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Lage im Stromsektor im Vergleich zum Gas insofern besser aussieht, als es für den Privatverbraucher tatsächlich die Möglichkeit gibt, den Stromversorger zu wechseln.

Trotzdem findet ein echter Preiswettbewerb auch bei Strom nicht statt.

Der unmittelbar nach der Liberalisierung einsetzende Wettbewerb mit Preissenkungen bis zu 40% im Industriebereich und gut 10 % beim Haushaltsstrom ist versiegt.

Die seinerzeit auf den Markt drückenden Überkapazitäten sind abgebaut.

Der Kampf um die Marktanteile ist einem Stillhalten gewichen.

Die Zahl der Wettbewerber ist durch Konzentration geschrumpft.

So verwundert es nicht, dass die Wettbewerbsintensität insgesamt abgenommen hat und seit dem Jahr 2001 die Preise wieder stetig ansteigen und zwar auch unter Abzug der staatlich veranlassten Preissteigerungen.

Wie im Gasbereich wirken langfristige Lieferverträge der Endversorger wettbewerbsdämpfend und sind damit teilweise für die hohen Kosten verantwortlich. Diese Vertragspraxis beschäftigte die Gerichte bereits mehrfach.

Ich habe die Erwartung, dass das Musterverfahren des Bundeskartellamtes auch im Strombereich Wirkung zeigen.

Mit Bundeskartellrechtsnovelle und Maßnahmen zur Verbesserung des Wettbewerbs auf den Energiemärkten und den Untersuchungen der €päischen Kommission zum Zurückhalten von Produktionskapazitäten usw. sehe ich derzeit Handlungsbedarf und -möglichkeiten vor allem auf Bundes- und europäischer Ebene.

Das passt natürlich nicht in das klare und übersichtliche Weltbild der FDP-Fraktion. Die, und darin ist die FDP wunderbar berechenbar, die für alle Übel dieser Welt den rot-roten Senat verantwortlich macht.

Elefanten sind da, und damit komme ich zum Ende meiner Rede, wesentlich flexibler!