Rede zur Berliner Einzelfallhilfe am 12.11.09 im Abgeordnetenhaus

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Selten hat ein Rundschreiben so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, eine so breite inhaltliche Debatte ausgelöst, wie das Rundschreiben Nr. 9/2009 der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales.

Das mag an mindestens drei Dingen liegen:

  1. Ca. 2.000 Menschen, ihre Angehörigen und die in diesem Bereich Beschäftigten sind vom Rundschreiben zur Einzelfallhilfe betroffen.
  2. Das Rundschreiben widmet sich einem Themenfeld, in dem alle Beteiligten durchaus Handlungsbedarf sehen. Die bisherigen Regelungen in den Bezirken sind nicht nur sehr unterschiedlich, sondern auch unklar, weshalb z.B. das Berliner Netzwerk Einzelfallhilfe das Bestreben des Senats nach einheitlicher und klarer Regelung begrüßte.
  3. Muss eingeschätzt werden, dass die Erwartungen, die an eine berlinweite Regelung und damit an das Rundschreiben geknüpft waren, bisher nicht erfüllt wurden.

Meine Damen und Herren,

möglicherweise wurde auch der Zeitpunkt für das Rundschreiben nicht optimal gewählt.
Denn Voraussetzung für eine vernünftige Berliner Gesamtregelung ist eine Analyse und Bewertung der wissenschaftlichen Expertise „Trägermodell versus Honorarmodell“ des Instituts für Soziale Gesundheit der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin durch den Senat.
Wie zu erfahren ist, wird der Senat bis Ende Februar 2010 den Bericht sowie vor allem seine Schlussfolgerungen zu dieser Expertise vorlegen und gemeinsam mit den Bezirken, mit der Liga und der Senatsverwaltung für Finanzen sowie der für das Arbeits- und Honorarrecht zuständigen Senatsverwaltung für Inneres eine Gesamtlösung erarbeiten.

Nicht nur finanzielle Fragen und die Begrenzung der Arbeitszeit, wie es der Antrag der CDU nahelegt, sollten hierbei eine Rolle spielen, sondern auch Fragen der Qualitätssicherung, wie sie der Antrag der Grünen benennt, was ich sehr unterstütze.

Meine Damen und Herren,

welcher Überarbeitungs- bzw. Klarstellungsbedarf zeichnet sich bereits jetzt ab?

  • Das Rundschreiben regelt nicht die Leistungen der Einzelfallhilfe, die im Wege des Trägermodells gewährt werden. Die Frage, des zukünftigen Verhältnisses von Honorarmodell und Trägermodell stellt sich jedoch und muss beantwortet werden. Übrigens: Ca. 82% der Beschäftigten beim sog. Trägermodell sind ebenfalls Honorarkräfte, so dass die gewählten Begrifflichkeiten nicht stimmig sind. Renten- und andere versicherungsrechtliche Fragestellungen ergeben sich hier wie dort.
  • Eine angemessene Erhöhung der Honorare für die sehr anspruchsvolle Tätigkeit des Einzelfallhelfers sowie deren einheitliche, transparente und fachlich nachvollziehbare Differenzierung nach Qualifikation und Schweregrad der Problematik des Klienten ist geboten.
  • Die strenge Interpretation bezüglich einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, also die 18-Stunden-Regelung, sollte rückgängig gemacht werden.
  • Eine Prüfung, ob die getrennte Steuerung von ambulanter Gemeindepsychiatrie und Einzelfallhilfe, also von zwei Sachverhalten, die fachlich und rechtlich derart eng beieinander liegen, beibehalten werden soll, ist notwendig.

Einig sind sich wahrscheinlich alle Fraktionen darin, dass im Ergebnis der Überarbeitung 1.) die Vielfalt der Formen der Einzelfallhilfe erhalten und 2.) auskömmlich finanziert wird und 3.) und das liegt mir besonders am Herzen, dass die Menschen, die diese Hilfe brauchen, diese auch zukünftig in hoher Qualität erhalten.

In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

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