Rede im Abgeordnetenhaus zum Gammelfleischskandal (01.02.2007)

Sehr geehrte/r Herr/ Frau Präsident/in, meine Damen und Herren,

was kann, was muss man zu dieser Drucksache, zum „Gammelfleisch-Skandal“, so genannt im Antrag der Grünen, noch sagen?

Werfen wir gemeinsam einen Blick auf die neusten Entwicklungen. Mit Hilfe des Internets.

Da zeigt die Homepage der bündnisgrünen Fraktion, unter dem Thema „Umwelt und Verbraucherschutz“ als Haupt- und Startmeldung spektakulär: Kofi Annan kritisiert Wowereit .

Allerdings, Sie ahnen es, nicht wegen des „Gammelfleischskandals“. Und Kofi Annan kritisiert auch nicht Klaus Wowereit, sondern er beklagt allgemein das unzureichende Engagement vieler Politiker in Sachen Klimaschutz.

Aber egal, so genau nehmen es die Grünen nicht!

CDU und FDP, meine Damen und Herren, sehen einen enormen Handlungsbedarf seitens der Senatsverwaltung. Sie verzichteten aber vorsichtshalber auf einen eigenen Antrag.

Auf der Homepage der FDP-Fraktion findet man zum Thema Gesundheit und Verbraucherschutz einen einzigen Beitrag! Und zwar einen überaus spannenden des Abgeordneten Herrn Lehmann zum Thema Mensch und Hund in Berlin. Allerdings vom Juli 2005!

Und Herr Mario Czaja kommt auf der Homepage der CDU-Fraktion dem Thema schon näher, indem er von einem Kommunikationsdesaster redet und Aufklärung fordert.

Meine Damen und Herren! Genau diese geforderte Aufklärung ist inzwischen erfolgt!

Ein Bericht zum chronologischen Ablauf der Geschehnisse wurde am 14.12.06 vorgelegt.

Es gab eine öffentliche Anhörung.

Und der Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz widmete sich am 18. Dezember und am 22.01.07 ausführlich dieser Problematik.

Parallel zu all dem schrieb der fleißige Herr Schäfer von den Grünen 23 Fragen auf, die die Senatverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz nicht minder fleißig beantwortete.

Die Presseberichterstattung, meine Damen und Herren, hat inzwischen einen neuen Schuldigen entdeckt: Die Kosten- und Leistungsrechnung! Die sei Schuld daran, dass bei den Kontrollen Quantität vor Qualität gehe.

Hoffentlich wissen wir alle, wovon wir reden!

Die Hauptleistung der Produktgruppe „Lebensmittelüberwachung“ ist in zwei Produkten abgebildet, erstens in der Kontrollmaßnahme im Rahmen der Lebensmittelaufsicht – das ist das Produkt 79095 – und zweitens in der Entnahme und Analyse der Lebensmittelprobe – Produkt 79093.

Ja, bei beiden Produkten erfolgt die Zählung über die Anzahl der Maßnahmen bzw. der Proben.

Aber: In der Kosten- und Leistungsrechnung sind die DURCHSCHNITTLICHEN Kosten pro Probe bzw. pro Maßnahme dargestellt. Dies ist unbedenklich, da die Rechnungslegung z.B. für Lebensmittelproben seitens des ILAT (des Instituts für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen) auf einer Mischkalkulation beruht.

 

Meine Damen und Herren!

Gehen wir einen Moment davon aus, dass das Problem tatsächlich die Produktdefinition sei, wie es einer der Hauptkronzeugen, ein leitender Mitarbeiter eines Bezirksamtes, im Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz als auch in der Presse ausführlich darstellte.

Dazu sei folgendes bemerkt.

Für die Produktüberarbeitung ist zwischen dem Rat der Bürgermeister und der Senatsverwaltung für Finanzen ein Produktänderungsverfahren abgestimmt worden (PÄV).

Der grobe Ablauf lautet wie folgt:

Die Produktmentorengruppe, sie hat derzeit 6 Mitglieder, alle 6 sind Vertreter der Bezirksämter, erarbeitet einen Vorschlag.

Dieser Vorschlag wird nach Abstimmung in der Produktkonferenz (Bezirksvertreter, meist Amtsleiterebene) der Senatsfinanzverwaltung vorgelegt und muss dann vom Rat der Bürgermeister endgültig beschlossen werden.

Und nun dürfen wir raten, wer der Leiter der Mentorengruppe ist: Es ist eben jener bereits benannte Kronzeuge.

Und hier sind wir wieder beim Thema: MANGELNDE KOMMUNIKATION!

Die vorgetragene Kritik ist bislang im Rahmen des Produktänderungsverfahrens nicht geäußert worden und daher seitens der Senatsverwaltung für Finanzen nicht nachvollziehbar.

Neben der Umsetzung der bundeseinheitlich und auch in Berlin laufenden Maßnahmen zu Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurden inzwischen seitens der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz u.a. folgende Maßnahmen ergriffen:

  • Eine Stabsstelle Verbraucherschutz wurde in der zuständigen Senatsverwaltung eingerichtet.
  • Die organisatorischen Abläufe wurden durchleuchtet, gestrafft und verbessert.
  • Es wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, die aus Vertretern der Senatsverwaltung, der bezirklichen Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämter (VetLeb) und des Instituts für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen (ILAT) besteht. Diese hat bereits im Dezember und am 17. Januar getagt. Sie wird bis Anfang März ein Memorandum zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit vorlegen. Wichtige Weichenstellungen wurden bereits vorgenommen, so erfolgte die so dringend notwendige Definition des Begriffes „besonderes Vorkommnis“.

Unerlässlich ist ebenfalls eine schnelle und unkomplizierte Nachbesetzung der Altersteilzeitabgänge bei den amtlichen Tierärzten und Lebensmittelkontrolleuren.

All diese wichtigen Schritte entbinden aber die Wirtschaft nicht, die Eigenkontrollen zu verbessern!

Die SPD-Fraktion wird die weitere Verbesserung des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit konstruktiv und nicht skandalisierend begleiten und lehnt deshalb den Antrag der Fraktion der Grünen ab.