Rede auf der Plenarsitzung vom 09. Juni 2011

Antrag der CDU: Menschen mit Behinderungen nicht im Stich lassen – Berliner Mobilitätshilfedienste umgehend dauerhaft sichern

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

mehr als 5.000 Menschen nutzen jährlich die Angebote der Mobilitätshilfedienste. Insgesamt werden pro Jahr mehr als 330.000 Begleitungen durchgeführt.

Hinter jeder Zahl steht ein Mensch mit seinem persönlichen Schicksal.

Im März dieses Jahres waren 5 Frauen in meiner Bürgersprechstunde, die die Begleitung des Lichtenberger Mobilitätshilfedienstes domino in Anspruch nahmen.

Sie schilderten am Beispiel ihrer persönlichen Lebensumstände und gesundheitlichen Beeinträchtigungen die enorme Bedeutung, die die Arbeit der Mobilitätshilfedienste für die Sicherstellung ihrer persönlichen Mobilität hat.

Zugleich wiesen sie auf die Probleme hin, die sich aus der Reduzierung der über das Jobcenter geförderten Beschäftigungsstellen ergaben.

In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass die derzeitige Senatsfinanzierung für die Mobilitätshilfedienste vor allem deren vernetzende und weitervermittelnde Rolle finanziert.  Herr Hoffmann! Darauf sind Sie leider mit keinem Wort eingegangen. Es ist unbestritten, dass es Hilfen für Menschen geben muss, deren Mobilität eingeschränkt ist. Die Wege, dies sicherzustellen, sind vielfältig und damit komme ich zum vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion.

Erste Bemerkung:

Die CDU-Fraktion fordert im vorliegenden Antrag den Senat auf, bei der Arbeit der Mobilitätshilfedienste auf Teilnehmer in Beschäftigungsmaßnahme zu verzichten und diese Stellen stattdessen über den Landeshaushalt zu finanzieren.

Dabei beziehen Sie sich auf eine Summe von 300.000 Euro, die in der Vergangenheit im Berliner Landeshaushalt eingespart wurde.

Bei wohlmeinender Betrachtung kann ich dazu sagen; geheimnisvoll, die CDU-Fraktion ist sehr geheimnisvoll

Bei kritischer Betrachtung kann man zu einem anderen Schluss kommen:

Rechenkünste mangelhaft! Herr Hoffmann, ich hatte Sie ja bereits am 14.April 2011 zu Ihrem Verhältnis zu Zahlen befragt.

 

Ich erkläre Ihnen das gern:

Lt. Abfrage in der Konzept-AG der senatsgeförderten Mobilitätshilfedienste sind pro Bezirk 30-40 Helferinnen und Helfer bei den Mobilitätshilfediensten notwendig, um die Nachfrage der mobilitätsbehinderten Bürgerinnen und Bürger erfüllen zu können.

Geht man der Einfachheit halber von durchschnittlich 35 Stellen pro Bezirk aus, bedeutet dies 420 Stellen. Bei 420 Stellen und einer Wochenarbeitszeit von 30 Stundenergibt sich bei einem Etat von 300.000 Euro rechnerisch  ein Stundenlohn von 57 Cent! 57 Cent pro Stunde! Ist das Ihr Ernst?

Oder haben Sie das alles nicht so gemeint?

Sehr geehrter Herr Hoffmann, ich bitte Sie, dies spätestens bei der Behandlung Ihres Antrages im Ausschuss aufzuklären!

Damit die Zahlen Sie bei der Aufklärung nicht wieder unnötig verwirren, habe ich mal den Mehrbedarf bei einem angenommenen, noch unter dem Mindestlohn liegenden AG-Bruttolohn von 7,50 Euro berechnet.

Ich komme dabei auf einen Finanzbedarf von 3,95 Mio Euro! 3,95 Mio Euro abzgl. der von Ihnen in Anschlag gebrachten 300.000 Euro ergäbe einen Mehrbedarf von 3,65 Mio Euro pro Jahr! Ist es das, was Ihr Antrag fordert? Dann formulieren Sie das bitte klar und deutlich! In der vorliegenden Form ist es mir leider nicht möglich, Ihre Worte für bare Münze zu nehmen.

Zweite Bemerkung:

Die CDU-Fraktion bezieht sich in Ihrem Antrag auf die UN-Behindertenrechtskonvention sowie bundes- und landesrechtliche Regelungen. Wie der Zufall es will, stand gestern im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestages ein Antrag von Union und FDP zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf der Tagesordnung.

Herr Hoffmann, Sie werden wissen, dass dieser Antrag die Umsetzung der UN-Konvention unter einen pauschalen Haushaltsvorbehalt stellt. Vielleicht können Sie bei der Ausschussbehandlung aufklären, wie dies zu Ihrem Antrag passt.

Dritte Bemerkung:

Der Bund kürzt im Jahr 2011 erheblich die Zuweisungen für Beschäftigungsmaßnahmen. Für Berlin-Brandenburg geht es hierbei um ein Minus von 50-60%. Und anschließend fordert die Partei, die im Bund für diese Kürzung verantwortlich ist, den Senat von Berlin auf, in dem die CDU gottlob keine Verantwortung trägt, diese wegfallenden Mittel aus Landesmitteln auszugleichen? Verstehe ich das richtig?

Ich bin gespannt, wie die CDU-Fraktion dies den in ihrer Mobilität eingeschränkten Bürgerinnen und Bürgern erklärt. Unterschätzen Sie nicht den Verstand der Menschen!