Offener Brief an Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten: Wir kämpfen für eine Partei, in der „DAS WIR entscheidet!“
Liebe Genossinnen, liebe Genossen,
es ist sicher ein außergewöhnlicher Schritt für Genossinnen und Genossen, vor dem Willy-Brandt-Haus am Tage des Parteikonvents zu einer öffentlichen Versammlung „WIR gehören dazu!“ aufzurufen. Warum haben wir das getan?
Wir kämpfen für eine Partei, in der „DAS WIR entscheidet.“
Die Mehrheit der Gliederungen der SPD lehnt eine Große Koalition ab. Sie hat sich mit Anträgen, Stellungnahmen und Beschlüssen zu Wort gemeldet. Während die SPD-Mitglieder regelmäßig per Mail von Sigmar Gabriel und Andrea Nahles über die Arbeit des Parteivorstandes informiert werden, sind streitbare Meinungen und Beschlüsse gegen eine große Koalition weder auf der SPD-Homepage noch in den zahlreichen Rundmails des Parteivorstandes zu finden. Wir erleben eine einseitige Informationsweitergabe von oben nach unten, in der die Vielfalt der politischen Debatten vor Ort und die Positionierungen der Gliederungen nicht vorkommen.
Nachdem die Genossinnen und Genossen im Wahlkampf an Wohnungstüren und Infoständen für „Das WIR entscheidet.“ geworben haben, standen sie beim Parteikonvent am 27.09.13 und 20.10.13 vor verschlossener Tür, obwohl dieser im Regelfall öffentlich tagt. (§ 28,6 des Organisationsstatuts der SPD, http://www.spd.de/linkableblob/1852/data/ )
Mit dem Argument, Gespräche könne man nicht verweigern, stimmten die Delegierten des SPD-Konvents am 27.09. 13 der Aufnahme von Sondierungsverhandlungen und am 20.10.13 der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union zu. Die Delegierten waren legitimiert, diesen Beschluss zu fassen. Aber auch jedes Mitglied hat das Recht, sich im Rahmen der Statuten an der politischen Willensbildung zu beteiligen. Wie können die Mitglieder ihren Willen, vermittelt durch die Delegierten, in den Konvent tragen, wenn einerseits das Antragsbuch nicht allen Mitgliedern und Gliederungen zugänglich ist und anderseits die zahlreichen Beschlüsse der Gliederungen gegen eine Große Koalition nicht bekannt gemacht werden? Die Mehrheit der Mitglieder der SPD stand bei der Frage der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen vor einer dreifach verschlossenen Tür.
In Sorge um die Glaubwürdigkeit und Zukunft der SPD
Wir sind davon überzeugt, dass es unserem Land vor allem dann gut geht, wenn es eine starke Sozialdemokratie gibt. Die letzte große Koalition hat uns nicht nur 175.000 Mitglieder gekostet, sondern auch Millionen Wählerinnen und Wähler, die wir auch in diesen Wahlen nicht zurückgewinnen konnten. Viele Genossinnen und Genossen haben in den vergangenen Jahren engagiert für einen politischen Kurswechsel der SPD gekämpft. Sie sind davon überzeugt, dass ein solcher Kurswechsel in einer Koalitionsregierung unter Merkel nicht möglich ist.
So erklärte Klaus Barthel, SPD-AfA-Bundesvorsitzender und einer der 31 Delegierten des Konvents, die mit Nein gestimmt haben, gegenüber der Presse am Ende des Konvents seine zweifellos berechtigte Sorge, „dass wir auf eine Rutschbahn in Richtung Große Koalition geraten, von der wir nicht mehr runterkommen“. Auch den gesetzlichen Mindestlohn, längst Kernforderung der SPD, sieht er noch nicht gesichert. Und selbst wenn sich die Union darauf einlassen sollte: „Ich habe Sorge, dass wir einen viel zu hohen Preis dafür zahlen“. (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-10/SPD-Parteikonvent-Koalition-Regierung)
Mit Merkel wird es und kann es keinen Politikwechsel geben!
Wir begrüßen, dass es immerhin am Ende der „Rutschbahn in Richtung Große Koalition“ ein verbindliches Mitgliedervotum geben wird. Wir empfehlen, die Wahlen zum Bundesvorstand bis dahin zu verschieben. Und wir fordern, dass in Vorbereitung des Mitgliederentscheids Chancengleichheit für Befürworter und Nicht-Befürworter der Großen Koalition hergestellt wird: Befürworter einer Großen Koalition und Nicht-Befürworter sollen das Recht haben, den Mitgliedern ihre Sichtweise per Rundmail, Homepage und in Druckerzeugnissen mitzuteilen.
Es geht uns nicht um Konfrontation, sondern um einen offenen und sachlichen Austausch über die Grundwerte der SPD und einen Politikwechsel für die Menschen in unserem Land. Es geht uns um eine offene, transparente und glaubwürdige SPD, in der alle Mitglieder entscheiden. Nur dafür streiten wir!
Birgit Monteiro, für die Initiativgruppe „Das WIR entscheidet“
Kontakt: birgit.monteiro@spd-lichtenberg.de