Das Landesmindestlohngesetz im Plenum des Abgeordnetenhauses

Es war ein harter Kampf, aber gestern war es soweit. Das Berliner Abgeordnetenhaus diskutierte als Priorität der SPD-Fraktion in 1. Lesung das Berliner Landesmindestlohngesetz. Anbei meine Rede, die ich als Initiatorin des Gesetzes und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, hielt:

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

vielen Menschen in diesem Hause, aber auch außerhalb des Parlaments, ist es ein persönliches Anliegen – die Welt, Deutschland, Berlin, die Arbeitswelt – gerechter zu machen. Ich gehöre zu diesen Menschen. Und zur Gerechtigkeit gehört für mich, dass Menschen von ihrer Arbeit leben können.

Mit meiner Lebens- und Parlamentserfahrung weiß ich, dass eine Resolution „Für eine gerechtere Welt“ wenig bis gar nichts bewegt. Auch das Warten auf den Sankt-Nimmerleinstag oder auf die Zeit nach den Bundestagswahlen hilft nicht.

Es braucht viele kleine, aber ganz konkrete Schritte, die vorbereitet, diskutiert, beschlossen und am Ende auch gegangen werden müssen. Schritte, die einen Rahmen setzen. Einen Rahmen, der unserer Gesellschaft nach oben und nach unten Grenzen vorgibt und zugleich Freiraum für Eigenverantwortung und das Handeln der Tarifpartner lässt.

Eine dieser notwendigen Grenzen nach unten ist ein Mindestlohn. Natürlich brauchen wir einen bundeseinheitlichen gesetzlichen Mindestlohn. Dieser ist besser und wirksamer als ein Landesmindestlohn. Aber ein Landesmindestlohn ist um vieles besser als gar KEIN Mindestlohn! Er ist eine freiwillige Selbstbindung des Landes Berlins, ein Zwischenschritt und zugleich eine Weichenstellung in einer Zeit, in der Tarifbindungen rückläufig sind. Und Frau Breitenbach: Es gibt keinerlei Erkenntnisse, dass ein Landesmindestlohngesetz negative Auswirkungen auf die Tariftreue hätte. Mindestlohn und Tariflohn sind zwei Seiten einer Medaille, die wir aber nicht in einem einzigen Gesetz regeln wollen, also verzichten Sie bitte auf Unterstellungen dieser Art, wie Sie sie gerade beim RBB vorgetragen haben und vergessen Sie nicht die bereits getroffenen Regelungen zur Tariftreue im Berliner Ausschreibe- und Vergabegesetz.

Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf nehmen wir Verantwortung dort wahr, wo wir es können, wo das Land Berlin Einfluss hat, überall dort, wo umgangssprachlich gesagt, unser Geld drinnen steckt.

Wir haben uns die Gesetzgebungsverfahren in Bremen und Hamburg angeschaut und die dort gemachten Erfahrungen aufgegriffen.

Unser Gesetz sieht vor, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Berliner Verwaltung, der Landesunternehmen und der Berliner Beteiligungen mindestens einen Lohn in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde erhalten. Berlin ist immerhin an 56 Gesellschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts sowie an rund 140 Tochterfirmen beteiligt. Das Gesetz sieht weiterhin vor, dass alle Empfänger von Zuwendungen den Mindestlohn zahlen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Leistungserbringer im Sozialrecht den Mindestlohn erhalten und dass die Menschen, die über einen Arbeitsvertrag in Beschäftigungsmaßnahmen wie Bürgerarbeit oder FAV, Förderung von  Arbeitsverhältnissen, tätig sind, den gesetzlichen Mindestlohn erhalten.

Es geht um einen Mindestlohn, um eine absolute Lohnuntergrenze, um nicht mehr, aber auch nicht um weniger. Deshalb heißt das Gesetz auch Landesmindestlohngesetz.

Den Wettlauf mit anderen Mitbewerbern um den höchsten Mindestlohn werden und wollen wir nicht gewinnen. Wir orientieren uns – und das ist die Stärke der SPD – am Machbaren. Die Höhe des Berliner Mindestlohnes soll alle zwei Jahre vom Senat überprüft und bei veränderten wirtschaftlichen und sozialen Erfordernissen entsprechend angepasst werden. Damit folgen wir der Systematik des Berliner Ausschreibe- und Vergabegesetzes, bei dem ebenfalls der Senat über die Höhe des Mindestlohnes entscheidet. Aber wir gehen auch einen Schritt weiter, indem wir die Zweijahresfrist zur Überprüfung der Höhe des Mindestlohns zwingend vorsehen.

Das Landesmindestlohngesetz ist kein Allheilmittel. Es löst weder das Problem einer generellen, tariflichen Entlohnung, noch das Problem der Entlohnung in Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Wir werden diese Probleme ebenfalls anpacken, aber bitte lassen Sie uns zuallererst das Landesmindestlohngesetz in trockene Tücher bringen und dann weitere Schritte tun.

Ich bin glücklich, dass wir am heutigen 12. September des Jahres 2013 ein Berliner Landesmindestlohngesetz in erster Lesung behandeln.

Ich bedanke mich bei den Grünen und ganz besonders bei Frau Bangert, für das Einbringen des Bremer Landesmindestlohngesetzentwurfes in Berlin und den Nachdruck, den dies ohne Zweifel erzeugt hat. Ich bedanke mich sehr bei der CDU-Fraktion für den großen Sprung über den sprichwörtlichen Schatten, was gewiss nicht leicht, aber immer ehrenvoll ist. Und ich danke der SPD-Fraktion für die Unterstützung.

Ich wünsche dem Landesmindestlohngesetz viele stolze Mütter und Väter, Patentanten und –onkel, Menschen, die es gemeinsam auf die Welt bringen, kritisch begleiten, wachsen und gedeihen lassen.

Vielen Dank!

1 Kommentar
  1. Aaron Nelson
    Aaron Nelson sagte:

    die CDU/CSU hat das, was ihr gemacht habt, immer sehr gefreut, sie freut es noch heute. Ihr wart der Türöffner für eine Entwicklung, die die Konservativen gefreut hat. Dies alles hat im Ergebnis dazu geführt Sie berufen sich gerne auf den DGB und die Tarifautonomie, dass der Vorsitzende des DGB Ihnen allen ins Stammbuch schreibt, dass Arbeit in unserem Land so billig geworden ist wie Dreck. Deswegen brauchen wir einen Mindestlohn, was Sie verhindern. Insofern ist der Gesetzentwurf der Sozialdemokraten durchaus richtig, weil er in die richtige Richtung geht.

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